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›Deepsky-Paradies‹ Südbrandenburg - Mythos
oder Realität?

 


von BERNHARD ENGESER

Ein Blick auf die Lichtverschmutzungskarte des Nachthimmels in Deutschland [1] macht es auf Anhieb deutlich: es gibt nur noch wenige Gebiete mit einem halbwegs dunklen Himmel, der insbesondere den anspruchsvollen visuellen Deep-Sky-Beobachter zufrieden stellt. Neben den Alpen sind es insbesondere die Gebiete im dünner besiedelten Nordosten Deutschlands und im Elbe-Elster Land in Südbrandenburg, die sich auf der "Cinzano"-Karte aus dem orange-grünen Hintergrund als "blaue Inseln" hervorheben. Die Region in Südbrandenburg ist unter Sternfreunden mittlerweile durch das jährlich stattfindende Herzberger Teleskoptreffen (HTT) deutschlandweit bekannt und zieht seit zehn Jahren immer mehr begeisterte Sternfreunde an. Viele Teilnehmer berichten geradezu enthusiastisch von traumhaften Bedingungen mit SQM-Werten bis 21,7 und Grenzgrößen bis 7 mag. Entsprechend selbstbewusst ist der Internet- Auftritt des Veranstalters [2].
Das machte mich natürlich neugierig, aber auch ein bisschen skeptisch, schließlich kenne ich als mittlerweile alter "Deepsky-Hase" viele Alpenstandorte aus eigener Erfahrung.
Deshalb wollte ich mir unbedingt mal selbst ein Bild von diesem "Traumhimmel" machen. Nachdem ein geplanter ausgiebiger Test beim HTT 2008 weitgehend der Luftfeuchtigkeit zum Opfer fiel, ergriff ich die Gelegenheit, als Ralf Hofner zum Neumondwochenende im April 2009 zu einem AstroTreff in Jeßnigk einlud und die Wetterprognosen eine Hochdrucklage mit trockener Kaltluft versprachen. Um zu einer fundierten Einschätzung zu kommen, wollte ich die Qualität des Himmels durch Beobachtung von visuellen Grenzobjekten wie den Palomar-Kugelsternhaufen oder den Holmberg-Galaxien in meinem 18"-Newton testen. Nach unserem gelungenen touristischen Nachprogramm zum letztjährigen HTT mit einer Besichtigung von Wittenberg konnte ich meine Frau diesmal mit der Aussicht auf einen Besuch in Torgau überzeugen, mich wieder zu begleiten. Nach ca. 3,5 h Fahrt und einem kurzen Abstecher über Torgau erreichten wir am frühen Abend des 24.4 unsere Unterkunft in Jeßnigk. Wir bekamen ein großes Zimmer mit eingerichtetem Küchenraum und separatem Eingang, eher schon eine kleine Ferienwohnung. Der Beobachtungsplatz befand sich nur wenige Meter hinter dem Innenhof der Pension auf einem Wiesengrundstück.
Die die Wiese war gemäht und sogar einen Stromanschluss gab es. Neben Ralf Hofner waren noch Peter Otto und Dietrich Strauch mit von der Partie. Die Dämmerung überbrückten wir mit der Beobachtung von Saturn, der sich in erstaunlicher Schärfe zeigte und gutes Seeing für die bevorstehende Nacht erwarten ließ. In Erwartung einer langen Nacht hatte Ralf eine Stärkung organisiert und so traf man sich bei "Roger" in der Nachbarschaft zu Bratwürsten vom Grill.

Bernhard an seinem 18-Zöller
Der Autor im nächtlichen Hantieren an seinem 18"Dobson - tief im Nordosten über den Baumwipfeln steht M 31.

Um halb elf wurde es dann "ernst". Schon die ersten Blicke zum Himmel machten die Unterschiede zum durchschnittlichen Burgdorfer Landhimmel (25 km östlich von Hannover) deutlich. M13 war bereits sehr deutlich mit bloßem Auge wahrnehmbar und gleich die erste SQM-Messung bestätigte den visuellen Eindruck mit einem Wert von 21,45 mag/arcsec.
Leider gingen die Strassenlaternen nicht wie sonst üblich um 23:00 Uhr aus, sondern wegen einer Feier im Sportlerheim erst um 1:00 Uhr. Obwohl die direkte Beobachtung am Teleskop dadurch nicht besonders gestört wurde, beeinträchtigte es doch die Dunkeladaption der Augen.
Als erstes Testobjekt hatte ich mir die Zwerggalaxie Leo I vorgenommen. Die beiden Zwerggalaxien Leo I und Leo II im Löwen wurden erst um 1950 bei einer Durchmusterung der photographischen Platten des 48"-Schmidtspiegels auf dem Mount Palomar entdeckt. Die integrierte visuelle Gesamthelligkeit von Leo I ist mit 11,2 mag zwar relativ hoch, das Licht verteilt sich aber auf einer Fläche von 9,8' x 7,4', so dass die Flächenhelligkeit mit 24,8 mag/?" nur sehr gering ist.Leo I (UGC 5470) gilt auch deswegen als visuell schwierig, weil sie nur 20' von Regulus entfernt ist und daher leicht vom Glanze des Löwensterns überstrahlt wird.
Bei für Burgdorfer Verhältnisse außerordentlich günstigen Bedingungen (SQM-Werte um 21,0) und sehr trockener Luft mit hoher Transparenz hatte ich mich wenige Tage vorher am 20.4. an Leo I mit eher bescheidenem Erfolg versucht. Obwohl ich natürlich Regulus außerhalb des Gesichtsfeldes gehalten hatte, war außer einer nicht sicher wahrzunehmenden ganz leichten Aufhellung selbst bei angestrengtem indirektem Sehen nichts zu bemerken. Mit dieser frischen Erinnerung noch quasi auf der Netzhaut war ich umso überraschter, als sich die Galaxie im 22er-Nagler als gleichmäßige, leicht ovale Aufhellung oberhalb von zwei helleren Sternen auf 5:00 Uhr deutlich herausschälte. Auch im Zeiss-Zoom bei etwa 17 mm Brennweite war Leo I sehr deutlich direkt ohne Anstrengung zu erkennen. Am schönsten und deutlichsten war sie aber im 22er-Nagler, auf jeden Fall ein viel versprechender Auftakt.
Nun ging es an die nächste Herausforderung, Palomar 4 einen extrem schwachen Kugelsternhaufen im Großen Bären. Wie die Leo-Zwerggalaxien wurden auch die Palomar-Kugelsternhaufen in den 1950er-Jahren bei der Durchmusterung der photographischen Platten des Palomar Observatory Sky Survey (POSS) entdeckt. Von den 15 Palomar-Haufen gehört Palomar 4 zu den am weitesten entfernten, weit draußen im Halo unserer Milchstrasse.
Mit 14,2 mag ist bereits seine visuelle Gesamthelligkeit relativ schwach. Bei einem Durchmesser von 2,1' bedeutet das eine extrem geringe Flächenhelligkeit von 24,4 mag/"2. Die hellsten Einzelsterne sind nur 18 mag hell und damit außerhalb der Erreichbarkeit der Auflösung mit dem 18"er. Laut Beschreibung von Uwe Glahn [3] war Palomar 4 mit dem 16"-Newton bei fst 6,6 extrem schwierig und nur an der Wahrnehmungsgrenze zu sehen. Barbara Wilson, die zu den erfahrensten amerikanischen Deepsky-Beobachtern zählt, hat ihn im 20" beobachtet und dazu notiert: "requires pretty darn good skies" [4]. W. Steinicke schreibt in IS [5]: "das Objekt erscheint im 20"er schwach und ca. 2' groß und erfordert einen dunklen Himmel. Skytools 3, mein astronomisches Planungsprogramm [7] gab für eine Hintergrundhelligkeit von 21,55 mag/"2 entsprechend Bortle 2 den Schwierigkeitsgrad "very challenging" aus. So traute ich zunächst meinen Augen nicht, als Pal 4 im 17er-Nagler eindeutig an der Grenze von indirektem zu direktem Sehen im Gesichtsfeld stand. Selbst im Zeiss-Zoom bei mittlerer Brennweite von ca. 16 mm war der Kugelsternhaufen als kleine kreisrunde, gleichmäßige Aufhellung ohne jede Körnung erkennbar. Das Objekt war deutlich einfacher, als ich es aufgrund der Beschreibung erwartet hatte. Der Himmel musste also wirklich dunkel sein, mindestens Bortle 2, eher besser. Die SQM-Messung um 01:30 Uhr CSET mit Werten zwischen 21,63 und 21,67 bestätigte dies eindrucksvoll. Der von Ralf Hofner gemessene Wert mit dem SQM-L (mit Linse) lag bei 21,7. Nur in den Alpen auf der Edelweißspitze und der Silvretta hatte ich bisher Werte in dieser Größenordnung gemessen.

Beste Voraussetzung also, um die Jagd auf die Holmberg-Galaxien zu eröffnen. Insgesamt 9 Objekte umfasst der Katalog des schwedischen Astronomen Holmberg, allesamt wegen ihrer geringen Flächenhelligkeit als visuell schwierig klassifiziert. Voraussetzung für eine erfolgreiche Beobachtung sind neben genug Öffnung vor allen Dingen gute Himmelsbedingungen.
Erstes Ziel ist die Holmberg II, eine irreguläre Zwerggalaxie im Großen Bären, die zur M 81-Galaxiengruppe gehört (siehe Pfeil in nachf. Abb.).

Die Position der zur M81-Gruppe zählenden Holmberg-Galaxien
Die Positionen der zur M81-Gruppe zählenden Holmberg-Galaxien.
[www.atlasoftheuniverse.com/galgrps/m81.html]

Die Holmberg II zählt mit einer Gesamthelligkeit von 11,2 mag und einer Flächenhelligkeit von 23,4 mag/"2 bei einer Ausdehnung von 7,6' x 5,5' zu den einfacheren Objekten der Holmberg-Liste. Skytools 3 gibt den Schwierigkeitsgrad "detectable" bei Bortle 2 (SQM 21,55) aus. Die Galaxie ist im 22er-Nagler dann auch auf Anhieb ohne Abgleich mit der Karte deutlich im direkten Sehen erkennbar. Im Inneren liegt ein markantes Sterndreieck aus 3 Vordergrundsternen (12 -13 mag).
Wesentlich schwieriger ist Holmberg I, ebenfalls ein Mitglied der M81-Gruppe. Sie hat eine Gesamt- helligkeit von 13,2 mag bei einer Ausdehnung von 3,3' x 2,8' und einer resultierenden Flächenhelligkeit von 24 mag/"2. Uwe Glahn [8] beschreibt sie im 16"er bei fst 6,7 "als extrem schwach und nur blickweise indirekt" zu beobachten. Auch von Ronald Stoyan und Frank Richardsen [8] wird sie unter alpinen Bedingungen mit dem 14"er als extrem schwach beschrieben. Laut Prognose von Skytools 3 wird sie bei SQM von 21,55 als "difficult" eingestuft, also etwas einfacher als Palomar 4. Obwohl ich die Position in der Detailkarte einwandfrei identifiziert hatte, ist von der Galaxie zunächst keine Spur. Ich probiere alle Okulare vom 31er-Nagler über das 22er und das 17er bis zum Zeiss-Zoom aus, trotzdem Fehlanzeige. So schnell gebe ich aber nicht auf, und nach 15 min angestrengten Suchens habe ich den Eindruck, eine leichte Aufhellung wahrzunehmen. Aber es könnte auch Einbildung sein, eine zweifelsfreie Sichtung sieht anders aus. Holmberg I kommt also auf "Wiedervorlage".
Nun ist Holmberg IV, eine irreguläre Galaxie, die zur M101-Gruppe gehört, an der Reihe.
Mit einer Gesamthelligkeit von 13,8 mag und einer Flächenhelligkeit von 23,8 mag/"2 wird sie von Skytools 3 bei Bortle 2-Bedingungen im 18"er als "challenging" bezeichnet. Im Vergleich mit Holmberg I ist Holmberg IV allerdings geradezu einfach. Die Galaxie ist mit direktem Sehen als elliptisch elongierte, gleichmäßige Aufhellung ohne interne Strukturen wahrnehmbar und weist mit der langen Achse auf den 5,7 m hellen Stern 86 UMa. Zwischenzeitlich ist der Himmel offenbar nicht mehr ganz so dunkel. Eine SQM-Messung um 2:30 Uhr ergibt Werte zwischen 21,55 und 21,57. Ursache dürfte die prachtvoll aufsteigende Milchstrasse sein, die sich schon reichlich strukturiert zeigt. So ist bereits der nördliche Kohlensack als auffällige Dunkelwolke mit bloßem Auge gut zu erkennen (siehe dazu auch die in diesem Wochenende in Jeßnigk entstandenen Fotos in der rechten Spalte).

Nach 3 Stunden "faint fuzzies" habe ich eine Erholung verdient und so stelle ich einige "Show"-Objekte ein. Da ich gerade in der Nähe bin, beginne ich mit M 101, der Feuerrad-Galaxie. Trotz des vielversprechenden Namens ist M101 bei mäßigem Himmel ein eher undankbares Objekt. Um ihrem Namen gerecht zu werden und ihre wahre Pracht zu entfalten, braucht sie einen dunklen Himmel. Schließlich beträgt ihre Ausdehnung fast ein halbes Grad, woraus eine relativ schwache Flächenhelligkeit von 23,2 mag/?" resultiert. Hier unter dem dunklen Himmel Südbrandenburgs macht sie ihrem Namen aber alle Ehre. Die im Uhrzeigersinn gewundene Spiralstruktur ist sehr kontrastreich und deutlich erkennbar und in den Armen sind zahlreiche Verdichtungen und Knoten zu erkennen. Unter diesen Bedingungen ist selbst im 12er-Nagler noch eine deutliche Steigerung der Wahrnehmung erreichbar, wenn auch die gesamte Ästhetik dieser großartigen Spirale am besten im 17er bzw. 22er-Nagler zum Ausdruck kommt. Wie oft schon hatte ich M101 unter dem mäßigen Burgdorfer Landhimmel bei SQM-Werten um 20,5 nur mit Mühe aufgefunden und die Spiralarme nur andeutungsweise erahnen können. Hier traten nicht nur die einzelnen Spiralarme deutlich hervor sondern auch die HII-Regionen, die eigene NGC-Nummern haben (Abb. 7). Mit Hilfe der ausgezeichneten photographischen Karte im Arp-Atlas (M101 hat die Arp-Nr. 26) konnte ich mindestens 5 dieser NGC-Objekte eindeutig identifizieren [9]. So schön hatte ich M101 selten gesehen.

M101 Arp-Atlas
M101 Arp Atlas mit NGC-Nummern [9].

Erwartungsvoll stellte ich das nächste Objekt ein. NGC 6888, der Crescent-Nebel ist eines meiner Lieblingsobjekte am Sommerhimmel zum Testen der Himmelsqualität.
Bereits ohne OIII-Filter stand der markante sichelförmige Bogen klar und deutlich im Gesichtsfeld des 17mm-Nagler. Richtig interessant wird der "Crescent" aber erst in einem OIII-Filter. Die schwache Lichtbrücke durch das Zentrum, die selbst auf vielen Fotos nicht immer herauskommt, war auf Anhieb deutlich zu sehen, und der Ring war nahezu geschlossen erkennbar, ein untrügliches Zeichen für dunklen Himmel. Im helleren Teil des Nebels auf 7:00 Uhr sind zahlreiche Strukturen und Knoten sichtbar. Die Wahrnehmung ist deutlich besser als auf dem Foto im "Deepsky Observers Guide" [10] . So hatte ich den "Crescent" bisher nur unter Alpenbedingungen in Erinnerung.

Nun ging es schon auf die Morgendämmerung zu und ich wollte die letzte halbe Stunde Dunkelheit noch nutzen, um ein exotisches, wenig bekanntes aber umso interessanteres Objekt, die irreguläre Galaxie NGC 6240 im Ophiuchus aufzusuchen. Das Objekt ist weder im "Deepsky Observers Guide" [10] verzeichnet, noch wurde es von Halton Arp in seinen berühmten Katalog der "Peculiar Galaxies" aufgenommen, obwohl es wahrlich ein sonderbares Objekt ist. Ich bin auf das Objekt bei einem meiner regelmäßigen Besuche auf der Skyhound-Seite (www.skyhound.com) von Greg Crinklaw gestoßen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass dieses Objekt im Fokus der aktuellen Forschung steht und das Hubble-Teleskop bereits mehrfach spektakuläre Bilder von NGC 6240 geliefert hat. Die irreguläre Struktur ist Zeugnis einer gewaltigen kosmischen Katastrophe, bei der zwei Galaxien in 400 Mio. Lichtjahren Entfernung aufgrund ihrer gravitativen Wechselwirkung verschmelzen. Laut Greg's Beschreibung erinnern die unregelmäßigen Arme an "Tentakeln". Ich war daher sehr gespannt auf den ersten Eindruck dieses faszinierenden Objektes. Im 17mm-Nagler war NGC 6240 bereits als kleiner leicht ovaler Lichtfleck deutlich zu sehen. Im 12mm-Nagler war bereits andeutungsweise zu erkennen, dass es sich um eine eigenartige irreguläre Struktur handeln muss. Leider war der Kontrast bei der höheren Vergrößerung im Zeiss-Zoom (8,3 mm) nicht mehr ausreichend, um Einzelheiten wirklich zweifelsfrei zu erkennen, möglicherweise auch deshalb, weil in diesem Bereich der Himmelshintergrund doch leicht aufgehellt war durch das nicht allzu weit entfernte Herzberg. Die kurz vor 4:00 einsetzende Morgendämmerung machte schließlich weitere Versuche, doch noch etwas von den seltsamen Strukturen dieses Objektes zu sehen, aussichtslos.

Müde, aber zufrieden ließen wir die Höhepunkte der Nacht bei einem Schlummertrunk noch mal Revue passieren. Begleitet vom morgendlichen Vogelkonzert zogen wir uns schließlich um 5:00 in die Betten zurück.
Nach einer kurzen "Nacht" nutzte ich den nächsten Tag mit Vorbereitungen für die kommende Beobachtungsnacht und einem ausgiebigen Mittagsschlaf, während sich meine Frau die Zeit mit einem Stadtbummel durch Torgau vertrieb und mit einer Speicherkarte voller Bilder zurückkehrte. Torgau begeistert u.a. durch seine wunderschöne Lage an der Elbe und das prachtvolle Renaissance-Schloss Hartenfels:

Torgau
Das Torgauer Schloß Hartenfels ist das größte vollständig erhaltene Schloss der Frührenaissance in Deutschland - u.a. heiratete hier der russische Zar Peter I. seine von der Elbe stammende Gemahlin.

Am Samstag Abend begann dann die 2. Beobachtungsnacht: etwa 15 Sternfreunde waren der Einladung zum 1. AstroTreff Schwarze Elster (ATS) gefolgt und ab 20:00 Uhr setzte auf der Wiese hinter der Pension geschäftiges Treiben ein.
Wie am Vorabend hatte Ralf auch an das leibliche Wohl gedacht. Und so wurden wir wieder von "Roger" mit vorzüglichen Bratwürsten vom Grill verwöhnt. Nachdem sich letzte Reste von Schleierwolken im Westen verzogen hatten und auch die Straßenlaternen diesmal dank der Abmachungen von Ralf mit dem Bürgermeister ausgeschaltet blieben, konnte das Beobachten losgehen.
Als erstes Objekt stellte ich den Kugelsternhaufen Palomar 3 im Sternbild des Sextanten ein. Palomar 3 hat eine Gesamthelligkeit von 13,9 mag und eine Ausdehnung von 1,6'. Er ist der am drittweitesten entfernte Kugelsternhaufen unserer Milchstrasse. Aufgrund der Beschreibung von Skytools 3 als "not visible" bzw. "very challenging" selbst bei besten Bedingungen war ich von vornherein auf ein extrem schwieriges Objekt eingestellt. Auch Uwe Glahn [3] konnte Palomar 3 selbst unter gutem Landhimmel bei fst 6,6 im 16"er nicht bzw. nur extrem schwer erkennen.
Trotz eindeutiger Identifizierung der Position mit dem 13,6 mag-Stern (Pfeil Abb. 13) unmittelbar am Rand des Kugelsternhaufens auf 11:00 Uhr war im 22er-Nagler zunächst nichts zu sehen. Im 17er-Nagler dagegen hatte ich den Eindruck, als ob bei indirektem Sehen hin und wieder eine ganz zarte kreisrunde Aufhellung rechts unterhalb des helleren Sternes aufblitzen würde. Auch im Zeiss-Zoom bei mittlerer Vergrößerung (ca. 16 mm) war dieser Eindruck da. Eine sichere Bestätigung war jedoch nicht möglich. Allerdings stand das Objekt schon relativ tief im SW und der Himmel war hier doch leicht aufgehellt. Die ersten vor Mitternacht durchgeführten SQM-Messungen mit Werten um 21,5 bestätigten dann auch, dass der Himmel aufgrund von Restfeuchtigkeit zunächst nicht ganz so gut war wie am Vorabend.
Auch das nächste Objekt Palomar 5 im Sternbild Serpens war eine Grenzwahrnehmung. Meine Erwartung angesichts der Prognose von Skytools 3 als "very challenging" und der Beschreibung von Uwe Glahn als extrem schwer selbst unter Top-Bedingungen war deshalb von vornherein nur gering. Obwohl die Gesamthelligkeit höher ist als von Palomar 3, hat Palomar 5 wegen der größeren Ausdehnung eine extrem geringe Flächenhelligkeit von 24,7 mag/"2 . Die Position des Kugelsternhaufens zwischen zwei helleren Sternen und zwei schwächeren quer dazu (Abb. 14) war im 22er-Nagler zwar eindeutig zu lokalisieren aber ein Hinweis auf den Kugelsternhaufen konnte ich nicht erkennen. Nur im 24er-Panoptic hatte ich den Eindruck, als ob um den linken oberen schwächeren Stern (Pfeil Abb. 14) der Hintergrund etwas milchig-neblig war. Auch als ich Palomar 5 um 2:30 bei besseren Bedingungen noch mal aufsuche, bin ich nicht absolut sicher, ihn wirklich gesehen zu haben, obwohl ich nun auch im 17er-Nagler den Eindruck einer leicht nebligen Umgebung des oberen schwächeren Sternes habe.

Palomar 5
Die Bahn von Palomar 5 [www.mpia.de]

Palomar 5 ist übrigens aus wissenschaftlicher Sicht ein überaus interessantes Objekt, weil der Kugelsternhaufen auf seiner weit aus der Milchstrassebene herausführenden Bahn um das Zentrum unserer Galaxie bei jedem Durchgang durch die Ebene der Milchstrasse von Gezeitenkräften fast zerrissen wird und viele Sterne verliert, so dass er im Laufe seines Lebens immer masseärmer wurde.
Das nächste Ziel waren die schwachen Galaxien des Abell-Haufens 2065 in Corona Borealis Das Licht der Galaxien ist unvorstellbare 1,5 Milliarden Jahre unterwegs bis zur Erde und die hellsten Galaxien haben eine Helligkeit von 16 mag. Kein Wunder, dass die Identifizierung einzelner Mitglieder als extrem schwierig gilt und nur unter besten Bedingungen (Transparenz und Seeing) machbar ist. Skytools stufte die Schwierigkeit als "very challenging" ein. Obwohl ich im 17er-Nagler den Eindruck habe, als ob indirekt mehrere sehr schwache diffuse Nebelfleckchen sich immer wieder für einige Augenblicke schemenhaft herausschälen, kann ich nur ein einziges Objekt, PGC 54846 wirklich sicher identifizieren, da ich sie mehrfach an der gleichen Stelle nicht weit weg vom 9 mag-Stern SAO 83789 in Richtung auf 5:00 wahrnehmen kann. Ich habe das Gefühl, als ob das letzte Quentchen an Transparenz und Seeing fehlt, um die Identifizierung weiterer Mitglieder zu ermöglichen.
Der subjektive Eindruck, dass der Himmel nicht ganz so dunkel und transparent ist wie am Abend zuvor, wird durch die SQM-Werte um 0:30 Uhr mit Werten zwischen 21,56 und 21,6 bestätigt. Die Werte beginnen aber besser zu werden.
Nun brauche ich etwas Erholung und ich schwenke zu M 13. Hier kann ich auch mal das Bino gewinnbringend einsetzen. Der dreidimensionale Eindruck des voll aufgelösten Kugelsternhaufens ist unbeschreiblich und kann mit keiner Photographie wiedergegeben werden. Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie stark auch gerade Objekte wie M 13 von einem dunklen Himmel profitieren. Man ist regelrecht enttäuscht, wenn man M13 dann unter einem mäßigen Landhimmel sieht. Neben Ästhetik pur bietet M13 aber auch noch ein schönes Objekt, um die Qualität des Himmels zu testen. Es ist die kleine Galaxie IC 4617, die auf halber Strecke zwischen M 13 und NGC 6207 steht.
Aufgrund eines markanten Sternmusters mit einem kleinen Parallelogramm aus vier 14 mag-Sternen lässt sich die Position relativ leicht auffinden. Für die sichere Wahrnehmung ist allerdings ein dunkler Himmel notwendig, da die Galaxie eine Gesamthelligkeit von nur 16 mag aufweist. Im 13er-Nagler war sie fast schon mit direktem Sehen als länglicher Fleck in der richtigen Orientierung eindeutig wahrnehmbar. Auch hier hatte ich das Gefühl, sie bisher nur unter Alpenhimmel so deutlich gesehen zu haben.

Der subjektive Eindruck, dass die Transparenz besser und die Luft trockener wurde, bestätigte sich durch die Werte der SQM-Messungen, die um 01:30 Uhr zwischen 21,63 und 21,67 lagen. Innerhalb von einer Stunde hatte ein trockener warmer SO-Wind die Feuchte vertrieben und für beste Voraussetzungen gesorgt, um die restlichen Holmberg-Galaxien anzugehen.
Ich bin sehr gespannt, ob mir im 2. Anlauf eine sichere Wahrnehmung von Holmberg I gelingt. Und tatsächlich, im 22er-Nagler schält sie sich indirekt immer wieder heraus, jedenfalls habe ich heute den Eindruck, sie sicher gesehen zu haben, auch wenn es mir nicht gelingt, die Wahrnehmung die ganze Zeit zu halten.
Das nächste Objekt ist Holmberg V in Ursa Major, mit einer Flächenhelligkeit von 22,3 mag/"2 eine der einfachsten Holmberg-Galaxien. Vom Anblick im 17er-Nagler bin ich dann doch überrascht. Sie ist so deutlich, dass ich sie ohne Schwierigkeiten direkt wahrnehmen kann, ohne auch nur einen Blick auf die Detail-Aufsuchungskarte werfen zu müssen.
Auch die Holmberg VIII in den Jagdhunden ist ein vergleichsweise einfaches Objekt. Sie ist nur ca. 30' von der Galaxie NGC 5033 entfernt und weist eine Flächenhelligkeit von 22,6 mag/"2 auf. Auch Holmberg VIII ist im 17er-Nagler direkt ohne Schwierigkeiten oberhalb der Galaxie NGC 5033 zu sehen. Damit bestätigt sich auch die Prognose von Skytools 3, die beide Objekte als "detectable" einstuft, also für einen 18"er keine wirkliche Herausforderung unter einem dunklen Himmel.

Ein ganz anderes Kaliber ist Holmberg IX, eine Begleitgalaxie von M81. Holmberg IX ist nicht nur wegen ihrer geringen Flächenhelligkeit von 24,1 mag/"2 ein schwieriges Objekt, sondern auch weil sie nur 9' von der hellen Galaxie M 81 entfernt steht. Es kommt daher darauf an, die Muttergalaxie außerhalb des Gesichtsfeldes zu halten:

Holmberg IX
Holmberg IX und M 81 - fotografisch im 24"-Spiegel bereits in Einzelsterne aufgelöst - Foto: R. Hofner.

Skytools 3 beschreibt die Schwierigkeit bei Bortle 2 (21,55 mag/"2) als very challenging. Laut Müller et al. [7] konnte sie nur unter Alpenhimmel im 20" beobachtet werden. Ich kann sie trotz angestrengten Suchens und eindeutiger Wahrnehmung der Trapezstruktur aus 14 mag-Sternen wegen des großen Gesichtsfeldes weder im 17er noch im 12-Nagler erkennen und leihe mir deshalb das 16 mm Zeiss-Ortho von Ralf aus (40° Ok.gesichtsfeld). Das macht den Unterschied. Indirekt ist eine ganz schwache Aufhellung innerhalb des Trapezes wahrnehmbar. Zur Sicherheit bitte ich Ralf Hofner, einen Blick ins Okular zu werfen. Auch er bestätigt meinen Eindruck. Das war ein eindrucksvoller Abschluss der Holmberg-Jagd. Die SQM-Messung um 2:45 Uhr zeigt Werte zwischen 21,56 und 21,62. Die Differenz zu den Werten eine Stunde zuvor dürfte wohl durch die aufsteigende Milchstrasse verursacht sein.

Obwohl M 81 unter normalem Landhimmel abgesehen von ihrer eindrucksvollen Größe und Helligkeit eigentlich nicht unbedingt ein besonders spektakuläres Objekt ist und sich meist nur als strukturloser elliptischer Lichtfleck mit hellerem Zentrum zeigt, beschließe ich, da ich ja bereits unmittelbar in der Nähe bin, etwas zu verweilen. Der Anblick im 22er-Nagler löst dann erst mal ungläubiges Staunen aus. Zum erstenmal überhaupt konnte ich die zarten äußeren Spiralarme mit den dunkleren Strukturen dazwischen deutlich erkennen. Hatte da jemand ein Dia vor das Okular geschoben? Der Anblick insbesondere im größeren Gesichtsfeld des 22er-Nagler erinnerte tatsächlich an die eindrucksvollen photographischen Aufnahmen von M 81.

M 81 im 5-Zöller © Michael Möckel, AstroTeam Elbe-Elster e.V.
M 81 - nahezu zeitgleich zu den vis. Beobachtungen des Autors in Jeßnigk fotografiert im 5"-Apo von Michael Möckel.

Wie musste da erst M 82 aussehen?
Unter normalem Landhimmel ist sie ja auf Grund ihrer irregulären Dunkelstrukturen üblicherweise das dankbarere Objekt des galaktischen Duos. Auch bei M 82 dieselbe Erfahrung: im 12er-Nagler und im Zeiss-Zoom bis zur Maximalvergrößerung (8,3 mm) voller Strukturen und natürlich der dunkle Querbalken durch die "Zigarre" so kontrastreich, dass man auch hier unwillkürlich an Photos von M82 erinnert wird.

M 82 in Jeßnigk
M 82 - ebenfalls zur gleichen Stunde wie die vis. Beobachtungen des Autors in Jeßnigk bei leider nicht optimalem Seeing aufgenommen.

Nach einem kurzen Abstecher zu M 51, die sich ebenfalls mit beeindruckender Spiralstruktur zeigte, wollte ich endlich einmal deutlich in die Augen der "Eule" blicken und so schwenkte ich weiter zu M 97. Auch hier wurde ich nicht enttäuscht. So deutlich hatte ich die Augen bisher wohl nur einmal in den Alpen gesehen. Den Zentralstern sowie zwei weitere Sterne im Nebel kann ich indirekt halten. Die beste Wahrnehmung habe ich mit dem 12er-Nagler ohne OIII-Filter. Selbst bei gutem Landhimmel habe ich bisher die Augen der "Eule" bisher meist nur andeutungsweise und mit etwas Phantasie gesehen.

Bei diesen Bedingungen dürfte auch der Zentralstern des Ringnebels kein Problem sein und so schwenke ich den 18"er zu M57. Obwohl der 15 mag-Stern im Inneren des Ringes photographisch bereits mit kleineren Öffnungen klar hervortritt, ist er selbst mit größeren Öffnungen visuell schwierig. Für die Sichtbarkeit braucht es nicht nur einen dunklen Himmel, sondern auch akzeptables Seeing [13]. Denn man muss hoch vergrößern, um überhaupt eine Chance zu haben. Ich leihe mir deshalb ein Nagler-Zoom aus und beginne zu drehen. Bei etwa 400facher Vergrößerung blitzt der Zentralstern indirekt dann immer wieder auf, halten kann ich ihn aber nicht.
Als letztes Testobjekt stelle ich noch NGC 6749 einen schwachen Kugelsternhaufen im Adler ein. NGC 6749 ist aufgrund seiner extrem geringen Flächenhelligkeit von 24 mag/"2 einer der schwierigsten NGC-Kugelsternhaufen und im Schwierigkeitsgrad durchaus vergleichbar mit einigen der Palomar-Haufen. Skytools 3 prognostiziert den Schwierigkeitsgrad bei Bortle 2 unter besten Bedingungen als "very challenging".
Dieses Objekt konnte ich unter dem Burgdorfer Landhimmel noch nie identifizieren. Selbst unter Alpenhimmel am Furkapass und SQM-Werten um 21,45 blieb er verborgen. Nur auf der Edelweißspitze konnte ich ihn sicher wahrnehmen. Ich war also auf ein schwieriges Objekt vorbereitet. Umso erstaunter war ich, als sich im 22er-Nagler auf Anhieb an der richtigen Stelle eine ganz schwache diffuse, leicht unregelmäßige Aufhellung herausschälte. Das konnte nur der Kugelsternhaufen sein. Im 17er-Nagler war die Wahrnehmung noch etwas deutlicher und er hob sich noch etwas besser vom Hintergrund ab. Eine Auflösung in Einzelsterne konnte ich allerdings nicht einmal andeutungsweise erkennen.

Mittlerweile war es 3:45 Uhr geworden. Eigentlich hatte ich noch den Zwillingsquasar in Ursa Major auf der Liste aber die einsetzende Morgendämmerung ließ ein erfolgversprechendes Aufsuchen nicht mehr zu. Mit dem erwachenden Zwitschern der Vögel und dem ersten Hahnenschrei ging eine anstrengende aber äußerst erfolgreiche Beobachtungsnacht zu Ende. Da schätzt man es natürlich besonders, wenn das ersehnte Bett nur wenige Schritte entfernt ist und man den Abbau des Teleskops ausgeschlafen und in aller Ruhe am nächsten Morgen erledigen kann.

Fünf Stunden später verabschiedeten wir uns mit der festen Absicht wiederzukommen.
Denn das Fazit war eindeutig: es mag Standorte in den Alpen geben, wo die Transparenz des Himmels höhenbedingt noch besser ist, doch diese Kombination aus dunklem Himmel, guter Erreichbarkeit (auch im Winter), günstigen klimatischen Bedingungen und herzlich-familiärer Gastfreundschaft, wie man sie hier in Südbrandenburg findet, dürfte in weitem Umkreis einmalig sein. Wer nicht gerade vom "Roque" oder Namibia träumt, dem mag diese Kombination in Anbetracht der leider immer weiter um sich greifenden Lichtverschmutzung daher nicht zu Unrecht als geradezu paradiesisch erscheinen.


  [1] Hänel, A.: Himmelshelligkeit messen, VDS-Journal Nr. 30, III/2009   -  siehe auch hier.
  [2] www.herzberger-teleskoptreffen.de
  [3] Glahn, U.: Die Palomar Kugelsternhaufen, www.deepsky-visuell.de/Projekte/PalomarGC
  [4] Wilson, B.: The Palomar Globulars, http://astronomy-mall.com/Adventures.In.Deep.Space
  [5] Steinicke, W.: Kugelsternhaufen Marke Palomar, interstellarum 16, Januar 2001
  [6] www.skyhound.com
  [7] Müller, J., Richardsen, F., Stoyan, R. , Veit, K.: Die Holmberg Galaxien, interstellarum 22, Juni 2002
  [8] Glahn U.: Galaxien des Holmberg-Kataloges, www.deepsky-visuell.de/Projekte/Holmberg.htm
  [9] Kanipe, J., Webb, D. (2006): The Arp Atlas of Peculiar Galaxies, Willmann-Bell, Inc.
[10] Kepple, G.R., Sanner, G.W. (1998): The Night Sky Observers Guide, Willmann-Bell, Inc.
[11] Staude, J.: Die Milchstrasse frisst ihre Begleiter, Max-Planck-Gesellschaft, PRI SP 2 / 2006 (12)
[12] Stoyan, R., Kafalis, S.: Der Ringnebel und seine Mythen, interstellarum 28, Juni 2003

Die Himmelsqualität der Hochalpen zu loben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Doch dieser Hochgebirgshimmel ist meist nur 2 - 3 Monate im Jahr erreichbar, was real (also witterungsbedingt) nur sehr wenige Beobachtungsnächte jährlich ergibt. - Immer mehr alpine Beobachter suchen daher nach Alternativen, die ganzjährig nutzbar und nicht im tiefen Süden liegen - also auch im (Berufs)Alltag erreichbar sind.
Bernhard Engeser stellte deshalb bereits 4 x sein Teles- kop in Jeßnigk auf, nebenstehend der Bericht über seine zweite Reise in den Südwesten Brandenburgs.

Zodiakallichtbrücke beim  HTT 2010, Foto: Petr Skala (CZ)

Die Zodiakallichtbrücke beim HTT 2010 in Jeßnigk.

Dieses Bild des tschechischen Sternfreunds Petr Skala zeigt, was ein wirklich dunkler Flachlandhimmel astronomisch zu bieten hat... dass man jenes nur sehr zart schimmernde Band entlang der Ekliptik auch mitten in Europa - 85 m ü.M. - fotografieren kann - ist für manchen eine kleine Sensation...

Spannend ist natürlich auch der Vergleich dieses Bildes mit einem knapp 4 Wochen später entstandenen Foto im Norden Chiles:

Zodiakallichtbrücke - Vergleich: HTT - Nordchile, Foto: Petr Skala (CZ), Stéphane Guisard (ESO)

Das Zodiakalband in SW-Brandenburg und N-Chile

Petrs Aufnahme vom HTT hier im Vergleich mit einem Bild beim nächsten Neumond unweit des ESO-Standorts in Nordchile von Stéphane Guisard - Blickrichtunng jeweils 0-W, N ist rechts.
Zu ausführl. Infos + Großansicht bitte in das Bild klicken.

Visuell wurde das Zodiakallichtband auf dem HTT bereits von vielen erfahrenen Beobachtern gesichtet, wie z.B. Uwe Pilz und Jan Hattenbach - vergl. hier.

Milchstraße beim 10.HTT in Jeßnigk

Die Sommer-Milchstraße beim HTT 2009   © Ralf Hofner.

Auch visuell kann es unter guten Bedingungen reizvoll sein, mit 'kleiner Brennweite' (also der des Auges ;-)) durch die Milchstraße zu streifen. Man wird erstaunt sein, manche nur von Fotos nur bekannte Struktur plötzlich zu entdecken...
Sehr eindrucksvoll ist am Bortle2-Himmel der Nördliche Kohlensack, der wie eine große schwarze Spinne im glitzern- den Milchstraßenband steht.
Das Foto verdeutlicht auch, weshalb man im Spätsommer + Herbst am abendlichen Himmel selbst mit dem SQM-L kaum milchstraßenfreie Messergerbnisse erzielen kann: selbst in größerer Entfernung zum Galaktischen Äquator reihen sich die Sterne dicht aneinander - was das Auge zwar kaum mehr wahrnimmt, aber der Foto-Chip der Kamera + der Sensor des SQM natürlich erfasst.

Beim 1.ATS Jeßnigk, April 2009

Am Neumond-Wochenende 24.-26. April 2009 fand erstmals der "AstroTreff Schwarze Elster" (ATS) statt, auf diesen Namen hatten wir uns nach einer kleinen Meinungsumfrage geeinigt. An beiden Tagen/Nächten kamen insgesamt 14 Besucher, wobei mehrere deutsche Mundarten und alle Altersgruppen vertreten waren. Der Autor des neben- stehenden Artikels, Bernhard Engeser aus Burgdorf bei Hannover (im Bild in der Mitte vorn stehend) hatte mit über 300 km die weiteste Anreise und stellte mit seinem 18" GoTo-Dobson das größte Instrument unseres kleinen Beobachtertreffens. - Außerdem im Bild zu sehen Dietrich Strauch (re.) und Uwe Neumann (li.).
Weitere Berichte von diesem Astro-Wochenende findet man hier und hier.

Die Milchstraße beim 1.ATS Jeßnigk, April 2009

Die Milchstraße über Jeßnigk   © Michael Möckel

Michael war bereits einige Tage vor Bernhard und allen anderen ATS-Besuchern angereist und nahm u.a. dieses spektakuläres Bild der Milchstraße auf, welches ihn wohl endgültig zu der Überzeugung brachte: unter diesen Himmel muss endlich eine - visuell und fotografisch leistungsfähige - Sternwarte gebaut werden!
Das Projekt Elsterland-Sternwarte nahm bereits wenig später seinen Anfang...

Great Rift, April 2009

Unzählige Details innerhalb des 'Great Rift'.

Unter einem wirklich dunklen und zugleich transparenten Himmel wird so mancher Sternfreund visuell wie auch foto- grafisch die Milchstraße völlig neu entdecken. Hier beschränkt nicht der von der Lichtverschmutzung bedingte Grauschleier des Himmelshintergrunds die Belichtungszeit, hier beginnen eher die hellen Sternwolken im Bild auszu- brennen... ;-)
Und man hat vielleicht einige Orientierungsprobleme: den Kleiderbügel-Sternhaufen (Collinder 399) muss man schon suchen, weil selbst das Great Rift noch mit Sternen übersät ist.
Das zentrale dunkle Staubband unserer Heimatgalaxie ist keinesfalls homogen, sondern in ihm finden sich noch zarte Abstufungen, was auch zu erwarten ist, denn die in den Staubmassen geborenen Sterne hellen vielerorts die Dunkelnebel ein klein wenig auf. Eindeutig kann man das sicher nur fotogtafisch nachweisen, aber bei richtig gutem Himmel ist auch visuell auffällig, dass das Great Rift ("Großer Riss") nicht ganz so dunkel wirkt, wie der Nördliche Kohlensack - denn dieser ist eine Dunkel- wolke, die uns etwas näher steht und deren zentraler Teil faktisch vollständig das Licht der hinter ihr befindlichen Sterne absorbiert.

Great Rift, April 2009

Der Nördliche Kohlensack.

Nördlich von Deneb fällt dem bloßen Auge eine scheinbar sternleere Region auf: es ist die wohl deutlichste Dunkel- wolke der nördlichen Milchstraße (im Bild ist Norden links oben). Gemäß ihrem Pendant im Kreuz des Südens wird sie als Nördlicher Kohlensack bezeichnet. Wobei das Sternbild Schwan nicht nur der Geometrie seiner Haupsterne sowie dieser Dunkelnenbel-Analogie wegen den Titel "Kreuz des Nordens" verdient hat, sondern auch, weil seine hellen Sternwolken zumindest ein bischen an den Glanz des Südhimmels erinnern.
Der ~ 1800 Lichtj. entfernte Nördl. Kohlensack ist sehr eindrucksvoll, vorausgesetzt, man steht unter einem richtig gutem Himmel (Bortle 2 oder 1). Bei mäßigen Bedingungen (wie fast überall in D) wird man höchstens eine seitliche Einbuchtung der Milchstraße erkennen. In den Jeßnigker Nächten dagegen hatte es, wenn man längere Zeit diese Region betrachtete, irgendwie etwas düsteres, bedrohliches an sich: rundum (also auch außen) der helle Milch- straßenhimmel und mittendrin ein schwarzes Gebiet, als ob der Himmel dort ein Loch hätte...

Während Bernhard Engeser weiterhin vor allem die licht- schwachen Herausforderungen am Rande unserer sowie der benachbarten Galaxien suchte, beschäftigten sich andere im Beobachtercamp mit kleineren Öffnungen auch mit den Standardobjekten des Frühlingshimmels - Michael Möckel nahm fotografisch das galaktische Trio im Löwen ins Visier:

Leo-Triplett
Leo-Triplett, Detailansichten

Das Leo-Galaxientriplett   © Michael Möckel

Aufnahmen am Samstag bei leider nur mittelmäßigem Seeing im 5"Apo (William Optics FLT 132), 11 x 360 sec mit der SXV-M25C belichtet.

Kugelsternhaufen M 5

DerKugelsternhaufen M 5 - im 6-Zöller aufgelöst bis ins Zentrum   © Michael Möckel, Ralf Hofner.

Am Freitag Abend (sowie die Nächte zuvor) herrschte ein fantastisches Seeing. Mit Michas CCD-Kamera + meinem Intes 6" Maksutov-Newton nahmen wir dabei u.a. den Kugelsternhaufen M 5 auf, "versehentlich" war visuell noch die zuvor benutzte Saturnvergrößerung (~ 300x) eingestellt, Michael ließ das Instrument zu M5 fahren, wir schauten ins Okular, ob er gut mittig positioniert war und - waren beeindruckt: in der klaren und auch extrem ruhigen Luft konnte das gut dunkeladaptierte Auge einen faktisch völlig aufgelösten Kugelsternhaufen erkennen, bis ins Zentrum hinein glitzerte eine Unmenge von Sternen! Obwohl die hellsten von ihnen kaum mehr als 13mag erreichen, hatte man einen grandiosen Anblick!
Mit 6 Zoll habe ich so noch nie einen Kugelsternhaufen gesehen! (jedenfalls nicht in Mitteleuropa) - Nun, es ist ja auch recht selten, dass kristallklare Luft mit sehr gutem Seeing kombiniert ist.

M 81 und M 82

Die Galaxien M 81 und M 82   © Michael Möckel
Aufgenommen mit 132mm William Optics FLT Apo + CCD-Kamera SXV-M25C.

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Nachfolgend nun noch einige Bilder, die an gleicher Stelle, jedoch einen Monat später zum Mai-Neumond 2009 ent- standen sind. Trotz der dann nicht mehr ganz erreichten astronomischen Dämmerung zeigen auch diese eindrucksvoll die Qualität des Standorts:

Dunkelhöhlen im Adler

Die Dunkelhöhlen Barnard 142/143 im Adler: Carl Zeiss JENA 63/420, Brennw. reduziert auf 250mm + EOS 350Da.
© Ralf Hofner
Im kleineren Fernrohr, z.B. 4" Apo bei 5mm Austrittspupille im 70°Weitwinkel-Okular, sind diese Dunkelnebel unter sehr guten Beobachtungsbedingungen ein visueller Hochgenuss: dunkle Rauchfahnen stehen vor einem deutlich helleren Feld mit unzähligen glitzernden Milchstraßensternen...

Südliche Milchstraße

Die südliche Milchstraße zwischen M 16 und M 7...
... in jeßnigk am 29. Mai 2009. © Ralf Hofner.

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Zum Abschluss sei noch der Hinweis gestattet, das der Südwesten Brandenburgs neben der vorzüglichen astrono- mischen Himmelsqualität noch über ein für deutsche Verhältnisse einzigartiges Astroklima verfügt:
Auf der Leeseite des deutschen Mittelgebirgsgürtels zählt der Süden Brandenburgs und der äußerste Norden Sachsens
1. zu den wolken- u. regenärmsten Regionen Deutschlands
    ... gibt es
2. hier nur wenige Nebeltage im Jahr (weil relativ wenig
    Niederschlag + trockene Sandböden)
    ... und sind wir
3. obendrein auch eines der windärmsten Gebiete in Mittel-
    europa (= häufig gutes Seeing).
Außerdem bietet das halbkontinentale Klima Südbranden- burgs zumindest zu bestimmten Zeiten im Jahr einen Hauch der sonst nur in den Subtropen anzutreffenden Wetterstabilität:
Wer in der 2. Hälfte des September, Anfang + Mitte Oktober und zu bestimmten Zeiten des Frühjahrs Astrourlaub an der Schwarzen Elster plant, kann sich selbst bei ungünstiger Großwetterlage darauf verlassen, in den meisten Nächten tatsächlich beobachten zu können!
Deshalb errichten wir hier eine Sternwarte, ist der Aufbau eines internationalen Astronomiezentrums geplant - alle Sternfreunde in nah und fern sind herzlich eingeladen, an diesen Projekten mitzuwirken.

RH., 17. April 2010,
akt. 5. Nov. 2010.
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